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Sowjetistan

Eine Reise durch Turkmenistan, Kasachstan, Tadschikistan, Kirgisistan und Usbekistan | Erika Fatland

E-Book (EPUB)
2017 Suhrkamp Verlag
Auflage: 1. Auflage
527 Seiten; Mit zahlreichen Illustrationen und Fotos
ISBN: 978-3-518-75124-4

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Kurztext / Annotation

Die fünf Staaten mit »stan« im Namen erstrecken sich von der Wüste bis ins Hochgebirge, gelangten, wie Kasachstan, dank großer Öl- und Gasreserven zu beachtlichem Reichtum oder zählen, wie Usbekistan, zu den ärmsten Ländern der Welt. Was sie eint, ist eine große Zerrissenheit - zwischen jahrzehntelanger Sowjetherrschaft und autonomer Selbstverwaltung; zwischen hypermoderner Großmachtinszenierung und ärmlichen Lebensbedingungen; zwischen diktatorischem Herrscherkult und höchst lebendigen Traditionen und Kulturen. Erika Fatland erzählt von Samarkand und Dschingis Khan, von Brautraub und der Kunst der Adlerjagd, von erstaunlichen Machtdemonstrationen korrupter Despoten, von marmornen Städten und riesigen Goldstatuen, die sich mit der Sonne drehen.

Voller Fragen, Neugierde und Abenteuerlust machte sich Erika Fatland auf in diese so fernab gelegenen Länder. Sowjetistan ist das Ergebnis dieser Reise: eine beeindruckende Reportage voller erstaunlicher, ergreifender und skurriler Geschichten, Begebenheiten und Begegnungen, die einem immer wieder aufs Neue die Augen öffnen. Ein fulminant erzähltes, ebenso bereicherndes wie lehrreiches Buch über einen im wahrsten Sinne des Wortes unfassbaren Teil der Welt.



Erika Fatland, 1983 geboren, studierte Sozialanthropologie und spricht acht Sprachen. Ihre von Kritik und Lesern hochgelobten Bücher sind in über 15 Sprachen erschienen und wurden u. a. mit dem Norwegischen Buchhandelspreis und dem Buchbloggerpreis ausgezeichnet. Erika Fatland lebt mit ihrem Mann in Oslo.



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Die Menschen aus dem Kellerloch

Ausgang 504. Es musste sich um einen Fehler handeln. Alle anderen Ausgänge hatten 200er-Nummern: 206, 211, 242. War ich im falschen Terminal? Oder noch schlimmer - im falschen Flughafen?

Auf dem Flughafen Atatürk in Istanbul begegnen sich der Osten und der Westen. Bei den Reisenden handelt es sich um eine selige Mischung aus Pilgern auf dem Weg nach Mekka, sonnengebräunten Schweden mit Taxfree-Tüten voller Absolut Vodka, Geschäftsleuten in Anzügen aus Massenanfertigung sowie weißgekleideten Scheichs mit schwarzgekleideten Frauen, die mit Tüten voller exklusivem europäischem Design beladen sind. Keine andere Fluggesellschaft der Welt fliegt in so viele Länder wie Turkish Airlines, und diejenigen, die in seltsame Hauptstädte mit fremd klingenden Namen reisen, müssen hier in der Regel mit einer Zwischenlandung rechnen. Turkish Airlines fliegt nach Chisinau, Dschibuti, Ouagadougou und Ussinsk. Und nach Aschgabat, meinem Reiseziel.

Am Ende eines langen Korridors entdeckte ich endlich die gelobte Zahl. 504. Auf meinem Weg zum Gate, das, je näher ich kam, immer weiter entfernt zu liegen schien, löste sich die Menschenmenge nach und nach auf. Schließlich war ich allein, am Rand des Terminals, in einem entlegenen Winkel des Flughafens Atatürk, den nur die wenigsten kennen dürften. Der Korridor endete an einer breiten Treppe. Ich eilte die Stufen hinunter und betrat eine Welt bunter Kopftücher, brauner Schaffellmützen, Sandalen und Kaftane. Hier war ich es, die mit meiner Allwetterjacke und den Sportschuhen nicht ins Bild passte.

Ein schwarzhaariger Mann mit schmalen Augen kam auf mich zu. In den Händen hielt er ein Päckchen von der Größe eines Sofakissens, sorgfältig verschlossen mit braunem Klebeband. Ob ich es für ihn tragen könnte? Ich tat so, als verstünde ich kein Russisch; sorry, sorry, murmelte ich und ging weiter. Was war das für ein Mann, der sein Gepäck nicht selbst tragen konnte? Ein paar Frauen um die vierzig in bodenlangen lila Baumwollröcken und großen, dazu passenden Tüchern, die sie um die Köpfe gewickelt hatten, verteidigten den Mann: War das etwa zu viel verlangt? Konnte ich ihm nicht einfach helfen? Ich schüttelte den Kopf, no, sorry, sorry, und hastete weiter. Es kam überhaupt nicht in Frage, einem wildfremden Turkmenen mit einem suspekten Päckchen zu helfen. Alle Warnleuchten blinkten.

Ich kam fünf, sechs Meter weit, bis ich erneut angehalten wurde. Eine gertenschlanke Frau in einem bodenlangen roten Rock, die etwas über zwanzig Jahre alt sein mochte, griff mir an den Arm. Ob ich nicht so nett sein und ihr mit ihrem Gepäck ein wenig behilflich sein könnte? Nur ein bisschen?

Njet!, erwiderte ich energisch und riss mich los.

Im eigentlichen Wartebereich wurde mir schließlich klar, worum es hier eigentlich ging: Sämtliche Passagiere hatten zu viel Handgepäck, und auf dem Weg zum Gate standen Angestellte der Fluggesellschaft mit Badezimmerwaagen und strengen Mienen. Sobald die Passagiere die Maschine betraten, rissen sie sich die Päckchen vom Körper, die sie unter den Kleidern festgeklebt hatten.

Es schien offensichtlich unbegrenzt, was diese Frauen unter ihren langen Röcken verstecken konnten. Kichernd befreiten sie sich von ihren Lasten, ohne sich nennenswert darum zu kümmern, dass das Kabinenpersonal ihnen dabei zusah. Sie waren ja jetzt im Flugzeug.

Das Hauptmysterium war allerdings noch immer ungelöst: Warum um alles in der Welt hatten alle so viel Handgepäck? Eine der Flugbegleiterinnen schien bemerkt zu haben, wie verwirrt ich aussah, denn sie nickte mir verständnisvoll zu und gab mir ein Zeichen, näherzukommen.

»Es sind Geschäftsfrauen«, erklärte sie. »Sie fliegen mindestens einmal pro Monat nach Istanbul und kaufen Waren, die sie dann auf dem Markt von Aschgabat mit Profit wieder verkaufen. Fast alles, was in Turkmenistan angeboten wird, wird in der Türk