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Im SommerOverlay E-Book Reader

Im Sommer

Mit Aquarellen von Anselm Kiefer | Karl Ove Knausgård

E-Book (EPUB)
2018 Luchterhand Literaturverlag; Norstedts
496 Seiten
ISBN: 978-3-641-18745-3

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Kurztext / Annotation
Die Jahreszeiten-Bände von Karl Ove Knausgård: 'Im Sommer' ist der vierte und letzte Teil einer grandiosen Liebeserklärung an das Leben und die sinnlich erfahrbare Welt - geschrieben von einem Vater für seine jüngste Tochter.

Knausgård schreibt über Wassersprenger und Schnecken, Rote Johannisbeeren und Tränen, über Weidenröschen, den Zirkus, Marienkäfer und das Fischen von Krabben. Er führt auch Tagebuch, in dem die kleinen Ereignisse im Leben einer Familie vor dem Hintergrund all dessen registriert werden, was ein Sommer an Gedanken, Erinnerungen, Sehnsüchten, Erlebnissen von Kunst und Literatur zum Leben erweckt.

'Die Zeit ist abgrundtief, die Sicht, die man als Kind hat, reicht nicht weit. Für mich war die Kindheit meiner Großeltern außer Reichweite, sie war etwas, worüber ich nichts wusste - und für meine Kinder ist die Kindheit meiner Eltern außer Reichweite! Von ihren Urgroßeltern in Westnorwegen, bei denen ich jeden Sommer verbrachte, haben sie keine Ahnung. Es nützt nichts, dass ich von ihnen erzähle, sie können das an nichts festmachen, die Menschen, die in den Geschichten auftauchen, sind tot und sind es während ihres ganzen Lebens gewesen. Der Keller mit den Steinwänden und dem oftmals feuchten Boden mit dem Abfluss, in den das Wasser rieselte, die weißen Schüsseln, mit den Bergen glänzend roter Johannisbeeren darin, die Milcheimer, der kleine Traktor und all die anderen Dinge, die in meiner Erinnerung leuchten, sagen ihnen nichts, denn die Welt wird von innen erleuchtet, von innen heraus entsteht die Bedeutung der Dinge und Orte.'

Karl Ove Knausgård wurde 1968 geboren und gilt als wichtigster norwegischer Autor der Gegenwart. Die Romane seines sechsbändigen, autobiographischen Projektes wurden weltweit zur Sensation. Sie sind in 35 Sprachen übersetzt und vielfach preisgekrönt. 2015 erhielt Karl Ove Knausgård den WELT-Literaturpreis, 2017 den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur, 2022 nahm er in Kopenhagen den Hans-Christan-Andersen-Literaturpreis entgegen. Er lebt in London.



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

MITTWOCH, 1. JUNI 2016

Es ist Abend, ein paar Minuten nach halb neun. Die Sonne scheint noch auf die Bäume oberhalb des Friedhofs, von meinem Fenster aus sehe ich ihre obere Hälfte. Es weht ein recht kräftiger Wind aus östlicher Richtung, und so ist es schon den ganzen Tag gewesen. Sämtliche Äste bewegen sich unaufhörlich, als folgten sie unterschiedlichen Rhythmen, manche langsam wogend, andere stoßweise ruckend, einige kreisend, während die Blätter in den Sonnenstrahlen flirren und das Licht des Himmels hinter ihnen in unregelmäßigen Abständen und an immer anderen Stellen den Weg durch die Kronen findet. Es ist wie ein ganzes Orchester aus Bewegung, zu dem auch die Bäume hier unten im Garten gehören, die niedrige, zottelige Trauerweide - ihre Zweige hängen so dicht, dass der Baum an einen Cockerspaniel erinnert; als ich vor ein paar Tagen an einer Seite einiges abschnitt, hätte es mich nicht überrascht, wenn sich hinter dem pelzdichten Laub ein Augenpaar verborgen hätte - und der wuchtige Kastanienbaum wanken und rucken ebenfalls den ganzen Tag hin und her und auf und ab wie vertäute Boote in aufgewühlter See. Als ich am früheren Nachmittag draußen saß, war es auch schon die See, an die ich dachte, denn das Rauschen des Winds war so laut, dass es mich an das Geräusch von Wellen erinnerte, die an Land schlagen, und die Bäume, vor allem die Birke, wurden vom Wind gewissermaßen aufgespannt und glichen großen, grünen Segeln. Der Gedanke gefiel mir, und mir gefiel das Rauschen, es kam mir vor, als wäre ich von einer gewaltigen Aktivität umgeben, als würde um mich herum einer enormen Arbeit nachgegangen. Außerdem gefiel mir, dass mitten in alldem der Gesang der Vögel erklang, wenngleich zurückgezogen, wie aus größerer Tiefe kommend als sonst.

Du schläfst jetzt. Ich war gerade oben im Schlafzimmer, um das Buch zu holen, das ich seit gestern lese, Swedenborgs Das Traumtagebuch, und als ich an dir vorbeiging, bedeckte das Buch, das du im Moment so magst, Max' Nachttopf, dein Gesicht. Ich nahm es fort, und du öffnetest die Augen und sahst mich an, aber ohne dass sich ein Anzeichen des Wiedererkennens in ihnen zeigte, und im nächsten Moment lagst du wieder mit geschlossenen Augen da und atmetest ruhig.

Ich hätte heute schreiben sollen, geplant war, den Text über den Zynismus abzuschließen und danach einen weiteren zu schreiben, eventuell über Schnecken, aber dann rief jemand aus deiner Kita an und sagte, dass du Fieber hast. Außerdem meinten sie, du hättest über Bauchschmerzen geklagt. Deine Mutter war auf dem Weg nach Kopenhagen, um sich mit ihrer Literaturagentin zum Mittagessen zu treffen, es führte also kein Weg daran vorbei: Ich setzte mich ins Auto, fuhr hin und holte dich ab. Du liebst es, Auto zu fahren, so dass es kein Problem war, dich zum Mitkommen zu bewegen, und du magst es, dich in Worten auszudrücken, und wenn Neues passiert, hast du folglich Spaß daran, es auszusprechen. Anne krank, fährt mit Papa Hause, sagtest du, und Anne Aua Bauch, Auto fahren, auf Annes Platz sitzen.

Gestern Abend schautest du mir zu, als ich die Schlafsäcke für deine Schwestern zusammenrollte, die heute in einem Schullandheim sind, und sagtest, Papa rollen! Papa rollen!, und gestern Morgen, als es heftig regnete und in nächster Nähe Blitze einschlugen und Donner über das Haus hinwegrollten und die Stimmung im Flur, als wir zur Schule fahren wollten, aufgekratzt war, riefst du, der Mond, der Mond!, und stelltest dich auf die Treppe, wo du durch das kleine Fenster dort zum Himmel hinaufschauen konntest. Du hattest begriffen, dass das aufflackernde Licht und das Donnergrollen aus dem Himmel kamen, und da er für dich mit dem Mond verbunden war, musst du gedacht haben, dass er dies alles geschehen ließ.

Es stellte sich heraus, dass du nicht besonders krank warst, du hattest nur leichtes Fieber und keine anderen Symptome. Ich nahm mein Notebook ins Wohnzimmer mit, schaltete für